Chronik einer Haussuche

Im Laufe der letzten 20 Jahre sind wir oft, meist aus beruflichen Gründen umgezogen und haben dabei in Großstädten, mittelgroßen Städten, Kleinstädten, Dörfern und auf dem Land gelebt. Das ländliche Leben hat uns dabei immer schon besser gefallen und wir merken, dass wir mehr Wert auf Natur, Raum und Ruhe legen, je älter wir werden.

Seit einigen Jahren wohnen wir in einem Reiheneckhaus in einer Stadt mit 190.000 Einwohnern. Unser Garten ist mit 200 m2 bereits ungewöhnlich groß für diese Stadt, und im Kleingarten haben wir noch zusätzlich 100 m2, wo wir unser Gemüse selber anbauen. Unser Haus ist ein Holzskelettbau, und dies ist etwas was wir vom Wohnklima her sehr schätzengelernt haben. Wir mögen zwar unser Haus, aber in dieser Stadt wo die meisten Menschen anonym nebeneinander leben, haben wir uns nie zu Hause gefühlt und kaum Wurzeln geschlagen.

Durch den Wunsch nach mehr Platz, sowohl im Haus als auch im Garten, sind wir vor einigen Jahren dann doch wieder angefangen nach Häusern zu suchen und haben insgesamt neun Häuser besichtigt, bevor wir uns für Thiemanns Hof entschieden haben.

Zur ersten Besichtigung kam es im Oktober 2009 in Nord-Holland und im Frühling 2010 sind wir eher per Zufall in Sachsen-Anhalt gelandet. Danach hat sich die Suche vor allem auf Deutschland konzentriert. Mittlerweile hatten wir auch ein besseres Bild von dem was wir suchen, beziehungsweise nicht suchen. Falls die Region eines Hauses für uns neu war, haben wir uns die Zeit genommen, Land und Leute besser kennen zu lernen, indem wir dort einige Zeit mit dem Wohnmobil Urlaub gemacht haben und im Internet recherchiert haben.

Unseren Winterurlaub 2010 haben wir in einem kleinen Dorf in der Nähe von Hameln verbracht und sind hierdurch auf das Weserbergland und Ostwestfalen-Lippe aufmerksam geworden. Zentral gelegen, Landschaftlich abwechslungsreich, viel Natur und von Holland aus noch gut zu erreichen.

Auf einen alten Hof aus dem 17. Jahrhundert in der Nähe von Lemgo haben wir im Juni 2010 sogar ein Angebot abgegeben, dieses allerdings kurze Zeit später wieder zurückgezogen, nachdem deutlich wurde, dass die Hälfte des Gartens in einem Überschwemmungsgebiet liegt. So lernten wir mit jedem Objekt hinzu und entdeckten neue Sachen auf die man achten muss. Vor allem lernten wir aber auch mehr über uns unsere Wünsche.

Von der geografischen Lage und Landschaft her hat uns auch die Eifel und der Hunsrück interessiert. Daher haben wir uns auch hier einige Häuser angeschaut und u.a. gelernt, dass ein 24-Stunden Frachtflughafen, Militärflughäfen und Tiefflugzonen zu vermeiden sind, 80er Bruchsteinmauern sehr dick sind, Fachwerk nicht immer echt ist und Hügel zwar gut zum Wandern, aber weniger gut zum Gärtnern geeignet sind.

Bei der Haussuche haben wir auch gesehen, dass viele Häuser über die Jahre hinweg ganz schön verbaut und schlecht saniert wurden. Hierdurch ist der Preis noch relativ hoch und der Umbau-/Renovierungsaufwand dennoch recht groß. Diese Häuser hätten zwar den Vorteil, je nach Ansprüchen direkt bewohnbar zu sein, aber das spielte für uns weniger eine Rolle, da wir sowieso mehrere Jahre Zeit für die Renovierung eingeplant haben. Somit kamen auf einmal jene Häuser für uns in Frage, bei denen eine Komplettsanierung notwendig sein wird. Von diesen Objekten gibt es im ländlichen Raum genügend Auswahl. Am Anfang unserer Haussuche hätten wir nicht im Traum daran gedacht, aber ermutigt durch Gespräche mit Wolfgang Riesner von der Interessengemeinschaft Bauernhaus e.V. und Erfahrungsberichten auf Internetforen, haben wir uns einige Hofanlagen in Ostwestfalen angeschaut (beschrieben im Artikel Häusertour Petershagen) und so diesen Hof gefunden.

Rückblickend war die Haussuche gefühlsmäßig nicht immer einfach. Bei jedem Objekt malt man sich aus, wie es sein könnte, stellt sich vor dort zu leben und schmiedet Pläne, oft um sie Stunden oder Tage später wieder ein den Mülleimer zu schmeißen. In manche Häuser haben wir uns auf Anhieb verliebt, ein Haus ist vom Markt verschwunden bevor wir einen Termin hatten (der Makler hat nie mehr reagiert), manchmal stimmte die Nachbarschaft oder das ganze Dorf einfach nicht, für viele Objekte fehlte uns der Lottogewinn und die Frage, wie groß der minimale Abstand zu einem AKW sein sollte, war kurz vor Fukishima auch nicht ganz einfach zu beantworten. Man fragt sich jedes mal, ob die Wünsche realistisch oder die Ansprüche zu hoch sind. Soll man Kompromisse schließen oder weiter suchen? Durch die Suche wurden die Vorstellungen konkreter, was zugleich aber die weitere Suche weiter erschwert hat. Je weiter wir uns von dem klassischen Immobilienobjekt entfernten, desto flexibler mussten wir werden und lernen mit einem größeren Maß an Ungewissheit und Freiheit umzugehen. Hierdurch kam Thiemanns Hof überhaupt erst in Frage. Bei Thiemanns Hof wissen wir nicht genau wohin uns die Reise führen wird. Wir haben nicht alles voraus geplant und abgesichert, aber das ist auch gut so. Das Risiko ist – auch finanziell – überschaubar, und zeitlich haben wir genügend Raum. Die Zeit benutzen wir um den Hof, Land und Leute kennen zu lernen, Pläne zu schmieden und diese Schritt für Schritt umzusetzen. Rom wurde schließlich auch nicht an einem Tag erbaut.

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